Neues Forschungsprojekt zu BPAN in Tübingen

Neues Forschungsprojekt zu BPAN in Tübingen

Tübinger Forschergruppe um Professorin Tassula Proikas-Cezanne und Hoffnungsbaum e.V. bündeln ihre Kräfte bei der Erforschung von BPAN

Die Entschlüsselung der Ursachen seltener, neurodegenerativer Erkrankungen ist ein langwieriger Prozess, der für Betroffene mit viel Hoffnung und großem Leid verbunden ist. In einem neuen Forschungsprojekt untersucht Professorin Tassula Proikas-Cezanne von der Universität Tübingen künftig die molekularen Ursachen der seltenen Krankheit „BPAN (Beta-Propeller-assoziierte Neurodegeneration)“. Sie arbeitet hierbei mit Ärzten in Tübingen, London und Kopenhagen sowie den Patientenorganisationen „Hoffnungsbaum e.V.“ in Deutschland und „BPAN Warriors“ in den USA zusammen, um die zellulären Ursachen und potentielle Therapiemöglichkeiten zu ergründen. Das Projekt wird im Rahmen des Frankfurter Sonderforschungsbereichs SFB 1177 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
BPAN (Beta-Propeller-assoziierte Neurodegeneration) ist eine sehr seltene, angeborene neurodegenerative Erkrankung, die durch eine Mutation des WDR45/WIPI4-Gens auf dem X-Chromosom hervorgerufen wird. Patienten sind von Geburt an durch eine schwere Entwicklungsstörung gekennzeichnet, die mit Epilepsie, geistiger und körperlicher Behinderungen sowie ausgeprägter Beeinträchtigungen im Spracherwerb einhergeht. Später setzen schmerzhafte Muskelverkrampfungen und Symptome von Morbus Parkinson ein. Die Lebenserwartung der Patienten ist deutlich verkürzt, bislang gibt es keine Therapie. BPAN gehört zu einer Gruppe von mehr als zehn Erkrankungen, die NBIA (Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn) genannt wird. In Deutschland sind etwa 20 Patienten mit BPAN bekannt.

Die Autophagie-Forscherin Professorin Tassula Proikas-Cezanne, Molekularbiologin an der Universität Tübingen und Entdeckerin des WDR45/WIPI4-Gens, wird in den kommenden vier Jahren im Rahmen des Sonderforschungsbereichs SFB 1177 („Molecular and Functional Characterization of Selective Autophagy“, Sprecher: Prof. Dr. Ivan Dikic, Goethe-Universität, Frankfurt a.M.) den Prozess der Autophagie in Hirnzellen von BPAN-Patienten untersuchen. Proikas-Cezanne hat vor einigen Jahren erkannt, dass dem WDR45/WIPI4 Gen eine wichtige funktionelle Bedeutung im Prozess der Autophagie zukommt. Autophagie ist ein zelluläres Abbau- und Erneuerungssystem, das in den Nervenzellen von Patienten vieler neurodegenerativer Erkrankungen, wie M. Alzheimer und M. Parkinson, gestört ist. Aufgrund der Mutation im WDR45/WIPI4 Gen ist die Autophagie in BPAN stark beeinträchtigt, jedoch sind die ursächlichen molekularen Mechanismen unbekannt. Diese Mechanismen möchte die Wissenschaftlerin aufklären, sie wird dabei eng mit dem Neurologen Professor Matthis Synofzik vom Universitätsklinikum Tübingen sowie weiteren Kollegen in London und Kopenhagen zusammen arbeiten.

Unterstützt werden die Forscher von „Hoffnungsbaum e.V.“, der deutschen Patientenorganisation zur Förderung der Erforschung und Behandlung von NBIA. Der Verein hat in den vergangenen 15 Jahren bereits mehrfach Forschungsprojekte angestoßen, mitfinanziert oder begleitet und ist auch international sehr gut vernetzt. „In dieser strategischen Partnerschaft können wir insbesondere als Kontakt- und Informationsschnittstelle zwischen den Forschern und unserem Patientennetzwerk fungieren. Hinzu kommt natürlich das Erfahrungswissen der betroffenen Familien zur BPAN-Erkrankung ihrer Kinder“, erläutert Angelika Klucken, Vorsitzende und Co-Gründerin von „Hoffnungsbaum e.V.“.

„Ich bin froh und begeistert, dass wir mit Professorin Proikas-Cezanne eine so renommierte und engagierte Mitstreiterin im Kampf gegen BPAN gefunden haben“, sagt Markus Nielbock, Vater der siebenjährigen Emilia, die an BPAN leidet, und zweiter Vorsitzender von „Hoffnungsbaum e.V.“. „Wir werden sie und Professor Synofzik nach allen Kräften unterstützen.“

Auch für Tassula Proikas-Cezanne hebt sich dieses Forschungsvorhaben von anderen Projekten ihrer Forschungsgruppe ab. „Der Umstand, dass eine spontane Mutation eines Gens, das ich vor Jahren entdeckt habe, eine solch schwerwiegende Krankheit auslösen kann, verpflichtet mich, hier unsere Forschungsinteressen zu konzentrieren“, schildert sie. „Der persönliche Kontakt mit an BPAN erkrankten Kindern motiviert mich zusätzlich, durch Grundlagenforschung dazu beizutragen, dass deren Leiden gelindert werden können.“

Kontakt
Prof. Dr. rer. nat. Tassula Proikas-Cezanne
Universität Tübingen
Abteilung für Molekularbiologie
Interfakultäres Institut für Zellbiologie (IFIZ)
Telefon +49 7071 29-78895
tassula.proikas-cezanne@uni-tuebingen.de

 

Quelle: Pressemitteilung der Uni Tübingen

8. NBIA-Familienkonferenz in Deutschland 2018

8. NBIA-Familienkonferenz in Deutschland 2018

Vom 21. bis 22. September 2018 hat in Düsseldorf unsere 8. NBIA-Familienkonferenz mit  mehr als 75 Teilnehmern stattgefunden. Neben Familienangehörigen und Betroffenen zählten vor allem Ärzte, Wissenschaftler sowie ein Jugendbetreuer-Team dazu.

Die meisten Gäste reisten schon am Vortag an. Nach einem gemeinsamen Abendessen konnten wir den lauen Sommerabend gemütlich auf der schönen Terrasse der Jugendherberge ausklingen lassen. Freunde trafen sich wieder und Kontakte mit den vielen neuen Familien wurden rasch geknüpft. Noch vor dem eigentlichen Konferenzbeginn haben alle gespürt: wir sind eine Gemeinschaft.

Am Freitagmorgen begann das Programm mit einer Vorstellungsrunde aller Anwesenden. NBIA – Wo stehen wir in Forschung und Versorgung? war dann unser Schwerpunktthema. Das abwechslungsreiche medizinische Vortragsprogramm wurde von Simultandolmetschern unterstützt, da sowohl mehrere Referenten als auch einige Familien aus dem Ausland dabei waren. Wir danken den vielen NBIA-Ärzten und Forschern, die sich die Zeit genommen haben, uns Familien von ihrer Arbeit zu berichten.

Der Vormittag stand zunächst ganz im Zeichen der klinischen Versorgung und Forschung bei NBIA:

Professor Dr. Thomas Klopstock, Leiter des NBIA-Teams am Friedrich-Baur-Institut der neurologischen Universitätsklinik in München, gab wegweisende Einblicke in den klinischen Forschungsstand sowie symptomatische Therapiemöglichkeiten bei PKAN und anderen NBIA-Varianten. Dr. Ivan Karin (Friedrich-Baur-Institut, München) referierte über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den verschiedenen NBIA-Erkrankungen. Dr. Boriana Büchner, ebenfalls vom Friedrich-Baur-Institut, berichtete anschließend über die Entwicklung des Internationalen NBIA-Patientenregisters.

Dr. Matias Wagner vom Institut für Neurogenomik am Helmholtz-Zentrum in München informierte über die Möglichkeiten der Gendiagnostik bei NBIA. Er wies auf die genetische Beratung hin, auf die alle Patienten bzw. deren Familien in Deutschland einen Anspruch haben. Schnell war ersichtlich, dass dieses Thema alle NBIA-Angehörigen umtreibt.

Nach der Mittagspause berichtete Markus Nielbock, Vater einer 6-jährigen Tochter mit BPAN, aus dem Alltag einer NBIA-Familie und brachte so die Erfahrungen von Betroffenen mit ein – stellvertretend für viele unserer Familien mit vergleichbarem Schicksal.

Dr. Kristina Müller, Chefärztin der Neuropädiatrischen Therapieklinik St. Mauritius in Meerbusch, widmete sich in ihrem Vortrag anschaulich den Möglichkeiten der Rehabilitation bei Kindern und Jugendlichen mit einer neurodegenerativen Erkrankung.

Der Schwerpunkt des Vortrags von Dr. Tomasz Kmiec vom Children´s Memorial Health Institute in Warschau lag auf der klinischen Symptomatik und den leider nur sehr begrenzten therapeutischen Möglichkeiten bei MPAN.

Nach dieser noch eher klinisch orientierten Themengruppe wurde es sehr wissenschaftlich:

Professor Ody Sibon von der Universität Groningen stellte den Weg von der Grundlagenforschung zu klinischen Studien bei PKAN vor. Im Mittelpunkt ihres Vortrags stand ein aktuelles PKAN-Therapieprojekt, an dem sie in Kooperation mit Dr. Susan Hayflick von der Universitätsklinik in Oregon arbeitet.
Dr. Arcangela Iuso vom Institut für Humangenetik an der Technischen Universität München präsentierte die Internationale NBIA-Biobank sowie präklinische NBIA-Projekte für MPAN und BPAN, bei denen mit krankheitsspezifischen Tiermodellen gearbeitet wird.
Nicht nur die Familien, sondern auch die Ärzte und Wissenschaftler waren gespannt auf den Vortrag von Dr. Agnès Rötig, Genetikerin am Institut Imagine der Universität Paris Descartes. Sie stellte einen gemeinsamen Krankheitsmechanismus bei einer Reihe von NBIA-Varianten vor.
Nach jedem Vortragsblock gab es angeregte Frage- und Diskussionsrunden zwischen allen Anwesenden.

Parallel zum Vortragsprogramm trafen sich einige Eltern, deren Kinder in den letzten Jahren an NBIA verstorben waren, zu einer Gesprächsrunde für trauernde Familien. Einfühlsam geleitet wurde dieser Gesprächskreis von Ursula Hofmann und Michaela Schürer, beide langjährige Vorstandsmitglieder von Hoffnungsbaum e.V.

Für die Kinder und Jugendlichen, die mit zur Konferenz gekommen waren, fand während der gesamten Sitzungen an beiden Konferenztagen ein kurzweiliges Freizeitprogramm statt, mit Spielen, Basteln und einem Spazierganz am Rheinufer. Unser ganz besonderer Dank gilt unserem wundervollen Betreuer-Team aus der katholischen Pfarrgemeinde in Velbert, das nun schon zum 8. Mal diese Aufgabe ehrenamtlich übernommen hat. Sie wurden am Freitag noch unterstützt vom Düsseldorfer Puppenspieler Frank, der mit seinen Klappmaulpuppen gekommen war.

Am Freitagabend gab es ein leckeres Abendessen mit Gegrilltem und Salaten und danach ein entspanntes und fröhliches Beisammensein bis in die Nacht hinein.

Am Samstagvormittag haben wir zunächst gemeinschaftlich der Menschen gedacht, die ihr Ringen mit ihrer NBIA-Erkrankung verloren haben. Nach einer Pause fand dann die alljährliche Mitgliederversammlung von Hoffnungsbaum e.V. statt. Darüber berichten wir demnächst separat.

Am Samstagnachmittag gab es  noch Einblicke in die internationale NBIA-Patientengemeinschaft. Hoffnungsbaum-Vorsitzende Angelika Klucken stellte Entstehung und Projekte der NBIA Alliance vor, der internationalen Dachorganisation für derzeit 9 NBIA-Patientenvereinigungen.
Anschließend berichtete Fatemeh Mollet aus der Schweiz über die von ihr gegründete NBIA-Patientenorganisation NBIA Suisse. Frau Mollet, die aus dem Iran stammt und dort 3 Nichten mit MPAN hat, ist auch Gründerin einer NBIA-Selbsthilfegruppe im Iran. Dank ihres großen Engagements konnte NBIA Suisse bereits zwei Stipendien für das mehrjährige Forschungsprojekt „Therapeutische Strategien für die Behandlung von MPAN Patienten“ an die Technische Universität München vergeben.

Die anwesenden Familien haben die zahlreichen persönlichen Begegnungen genossen und mit vielen Umarmungen haben wir am späten Samstagnachmittag voneinander Abschied genommen. Die einhellige Rückmeldung war: eine tolle Konferenz und wir freuen uns schon auf das nächste Mal.

Ohne unsere Förderer, die Techniker Krankenkasse, die Stiftung Kindness for Kids sowie durch eine Spendenaktion der Familie Gabasch, wäre diese gelungene Konferenz nicht möglich gewesen. Wir bedanken uns herzlich für ihre finanzielle Unterstützung.

Foto: Valerie Baumann

Neues von Milly und ihrer Mission

Neues von Milly und ihrer Mission

Milly

Am 22.12.2017 hat das Rhein-Neckar-Fernsehen (RNF), in der Sendung RNFlife Milly und ihre Familie vorgestellt:

http://www.rnf.de/mediathek/video/heidelberg-wie-die-kleine-emilia-gegen-ihre-gen-krankheit-ankaempft/

Emilia hat BPAN. Vor etwa einem Jahr haben die Eltern der heute 5-Jährigen Milly, Rebecca und Markus Nielbock, die Diagnose erhalten. Bald darauf haben sie sich mit Hoffnungsbaum e.V. in Verbindung gesetzt und die Familie ist unserer NBIA-Selbsthilfeorganisation beigetreten. Schon im Sommer 2017 hat Familie Nielbock dann mit Hilfe einer eigenen Website unter dem Namen „Millys Mission“ eine Spendenaktion zur Unterstützung der BPAN-Forschung ins Leben gerufen.

Auf der Website lernen Sie auch die berührende Geschichte von Milly und ihrer Familie näher kennen und erhalten Einblicke in das Leben Millys mit dieser Unterform von NBIA, die 2012, in Millys Geburtsjahr, erstmals beschrieben wurde und derzeit eine der am schnellsten wachsenden NBIA-Patientengruppen betrifft.

Inzwischen sind bei Hoffnungsbaum e.V. zugunsten der BPAN-Forschung mehr als 4.500 € zusammengekommen. Sie können weiter mithelfen, Therapiemöglichkeiten für BPAN zu erforschen. Auf dieser Spendenhomepage erfahren Sie mehr. Wichtig: Bitte kennzeichnen Sie Ihre Spende für die BPAN-Forschung immer mit „BPAN“!

Außerdem berichtet am 12.01.2018 die Rhein-Neckar-Zeitung über Milly und die Spenden-Aktion zugunsten der BPAN-Forschung.

In einigen Monaten sollen die bis dahin gesammelten Spenden in ein BPAN-Forschungsstipendium einfließen, das von der NBIA Disorders Association ausgeschrieben und vergeben wird.

Foto: Sonia Epple

TIRCON-Projekt endete mit Abschlusskonferenz im Oktober 2015

TIRCON-Projekt endete mit Abschlusskonferenz im Oktober 2015

Im Oktober 2015 endete wie geplant das internationale Forschungsprojekt TIRCON („Treat Iron-Related Childhood-Onset Neurodegeneration“), das vier Jahre von der Europäischen Union finanziert wurde. Dieses Ereignis wurde mit einer großen Abschlusskonferenz am 15. und 16. Oktober 2015 in München mit rund 90 Teilnehmern begangen.

Die Projektpartner, darunter Kliniker, Grundlagenforscher und Vertreter von Pharmaunternehmen sowie der Patientenorganisationen NBIA Disorders Association und Hoffnungsbaum e.V., präsentierten den anwesenden Teilnehmern die Projektergebnisse und die durch TIRCON erreichte Entwicklung in der NBIA-Forschung. Zu den Gästen gehörten unsere Partnerorganisationen aus der NBIA Alliance sowie an klinischen Zentren tätige Ärzte aus Deutschland, Iran, Italien, Kanada, Serbien, Spanien, Tschechien und Ungarn. (Informationen zu den Vorträgen können Sie auch dem Konferenzprogramm entnehmen.)

Daneben fanden auf der Abschlusskonferenz zukunftsorientierte Workshops statt, in denen das TIRCON-Konsortium gemeinsam mit weiteren Wissenschaftlern Forschungsstrategien und neue Projektvorhaben erörterten. Die Workshops waren von Hoffnungsbaum e.V. angeregt und mit organisiert worden.

Auch nach Abschluss von TIRCON werden Kooperationen und Arbeitstreffen folgen und begonnene Projekte fortgeführt, so stehen zum Beispiel die Auswertung der Studienergebnisse und die Fortführung der aufgebauten NBIA-Infrastruktur wie Patientenregister und Biobank an.

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